Waschzwang

Der Waschzwang ist dadurch charakterisiert, dass die Betroffenen sich selbst bzw. ihre Haut mit einem sehr hohen Aufwand zu reinigen versuchen, ohne dass objektiv noch eine Verschmutzung festzustellen wäre.

Bei den meisten Betroffenen steht dabei nicht etwa der Wunsch nach einer besonderen Reinlichkeit im Vordergrund des Waschens, sondern vielmehr die massive Sorge, dass sie durch eine eigene “Verschmutzung” anderen Menschen einen Schaden zufügen könnten.

Eine sehr häufige Sorge der Betroffenen ist zum Beispiel, dass sie auf ihrer Haut noch Krankheitserreger haben könnten, und dass sie diese dann - wenn sie sich nicht ausgiebig gereinigt haben - an andere Menschen weitergeben könnten und diese dann dadurch krank werden könnten.

Andere Betroffene kennen ein ausgeprägtes Ekelgefühl bei dem Gedanken daran, dass sie selbst verschmutzt sein könnten. Der Ekel ist dann so stark, dass die Betroffenen ihn durch das ausgeprägte Waschen zu reduzieren versuchen.

Wie bei anderen Zwängen auch, hat auch der Waschzwang die Tendenz, dass er sich immer mehr ausbreitet. Während bei den Erkrankten zu Beginn des Waschzwangs vielleicht noch ein zweimaliges Händewaschen ausreicht, kann der Zwang im Verlauf einen zunehmenden Druck nach immer ausgefeilteren und komplizierteren Waschritualen aufbauen.

Viele Menschen mit Waschzwängen müssen sich dann mehrmals am Tag über mehrere Minuten mindestens die Hände waschen. Oftmals stellen sich die Betroffenen dabei ganz feste Regeln auf, wie z.B. ein unbedingtes, mehrfaches Händewaschen vor dem Verlassen der Wohnung, nach dem Berühren von Schmutzwäsche, nach dem Anfassen der Straßenschuhe usw.

Der Waschzwang wird dabei häufig auch von Zählritualen begleitet, wie zum Beispiel: Vier Spritzer Flüssigseife nehmen, dann Hände waschen und dabei innerlich bis fünfzehn zählen, erneut viermal Seife nehmen, Hände waschen und bis dreizehn zählen, abtrocknen, zweimal Seife nehmen, nochmals Hände waschen und bis fünfzehn zählen usw. Diese Zählrituale folgen dabei wieder einer eigenen Logik und sind für Außenstehenden oftmals nicht nachvollziehbar.

Weiterlesen:
   • Zählzwang

Waschzwang oder Reinlichkeit?

Viele Betroffene und Angehörige stellen sich die Frage, ob das Ausmaß, in dem sie zum Beispiel ihre Hände waschen, noch eine “normale” Reinlichkeit oder bereits ein Waschzwang ist.

Der Übergang zwischen einem großen Bedürfnis nach Reinlichkeit und einem Waschzwang ist dabei zunächst fließend, mit einem im Verlauf aber immer deutlicher werdenden Unterscheidungs­merkmal: Während ein Mensch mit einem großen Reinlichkeitsbedürfnis durch das Händewaschen das Gefühl erreicht, “sauberer” zu werden, muss ein Mensch mit einem Waschzwang immer längere und immer kompliziertere Waschrituale durchführen - ohne dass sich bei ihm das Gefühl einstellt, “wirklich gereinigt” zu sein. Stattdessen erleben viele Menschen mit einem Waschzwang den Druck, auch sofort nach dem Händewaschen nochmals nachwaschen zu müssen - obwohl ihnen eigentlich bewusst ist, dass auf den Händen keine Verschmutzung mehr sein kann.

Waschzwang: Ursachen

Wie oben bereits erwähnt entsteht der Waschzwang bei sehr vielen Erkrankten aus der Befürchtung heraus, dass sie anderen Menschen durch ihre eigene “Unreinheit” einen Schaden zufügen könnten. Um nun der Ursache für den Waschzwang auf die Spur zu kommen, sollte zunächst erarbeitet werden, welche Befürchtungen die Betroffenen mit dem Waschzwang bzw. ihrer “Unreinheit” verbinden, und welche Konsequenzen sie befürchten, falls sie dem Waschzwang nicht nachgehen würden.

Waschzwang: Erfahrungsberichte

Andrea (34 J.)* aus Rosenheim:
“Ich kann mich noch sehr genau erinnern, wann ich zum ersten Mal den Druck hatte, mich mehr als früher reinigen zu müssen: Meine Tochter war gerade sechs Monate auf der Welt, als mein Partner einen Mageninfekt bekommen hatte. Ich habe damals eine panische Angst bekommen, dass die Kleine sich anstecken könnte - und deswegen habe ich dann zunächst begonnen, meine Hände besonders sorgfältig zu waschen. Als die Krankheit von meinem Partner am nächsten Tag noch nicht vorbei war, habe ich dann auch den Wickelplatz und das Badezimmer mit Desinfektionsmittel gereinigt.

Das hätte, so denke ich im nachhinein, ja auch noch alles gepasst, aber schwierig wurde es, weil ich dann selbst als mein Partner wieder gesund war, immer weiter den Druck hatte, alles um meine Tochter herum besonders sauber zu halten. Ich bin dann zunächst dazu übergegangen, dass ich mir selbst vor jedem Kontakt mit der Kleinen minutenlang die Hände gewaschen habe. Die Wohnung habe ich immer gründlicher geputzt, mein Verbrauch an Desinfektionsmittel hat immer mehr zu genommen. Meine Angst, dass der Kleinen etwas passieren könnte, ist trotzdem immer größer geworden.

Ich habe dann von meinem Partner und allen anderen Besuchern verlangt, dass sie sich auch an diese “Schutzmaßnahmen” halten müssen. Mein Partner hat das auch immer mitgemacht - aber mit meiner Mutter habe ich immer wieder Ärger bekommen. Als ich einmal mitgekriegt habe, wie sie meine Tochter zur Begrüßung auf den Arme genommen hat, ohne sich vorher zu reinigen, war ich so verzweifelt, dass ich meine Mutter aus unserer Wohnung geschickt habe...

Der Streit mit meiner Mutter war dann auch das, was mich dazu gebracht hat, eine Therapie aufzusuchen - ich habe das alles nicht mehr ausgehalten, meine Sorgen, die Streitigkeiten, und meine ständige Anspannung.

Um es Abzukürzen: Inzwischen ist meine Tochter vier Jahre alt und hat einen kleinen Bruder. Ich ertappe mich immer noch dabei, dass ich den Druck bekomme, mit dem Desinfektionsmittel durch das Kinderzimmer zu gehen, aber inzwischen schaffe ich es, diesem Zwang nicht mehr nachzugeben - auch wenn es mir manchmal schwer fällt. Ich habe in der Therapie einige andere Mütter kennen gelernt, denen es genau so geht wie mir... und ich glaube, das hat mir am meisten geholfen: Zu sehen, dass ich mit meinen Sorgen nicht alleine bin, und das es einen Weg hinaus gibt.”

Das Gefühl, “sauber” zu sein

Viele Menschen mit Waschzwängen erleben im Verlauf ihrer Erkrankung, dass sie - trotz aller Reinigungs­versuche - nur noch sehr selten das Gefühl bekommen, wirklich “sauber” zu sein. So kann es vorkommen, das ein Betroffener zum Beispiel immer länger und mit immer komplizierteren Ritualen seine Hände wäscht, ohne dass sich dieses Gefühl der Sauberkeit einstellt.

Was ist dies eigentlich: “Sauber” sein? Für alles mögliche besitzt unser Körper Sinneszellen, für Wärme, Berührung, Schmerz, Geräusche, Gerüche,... Aber für das “Sauber sein”? Nein, eine Sinneswahrnehmung ist die Sauberkeit leider nicht, sonst könnten wir uns auf diese Wahrnehmung vielleicht mehr verlassen.

Vielmehr handelt es sich bei dem “Sauber sein” wie schon oben angedeutet um ein Gefühl - mit allen Vor- und Nachteilen, die Gefühle so mit sich bringen. Eine ganz wichtige Eigenschaft von Gefühlen ist dabei, dass sie in ihrer Intensität sehr veränderbar sind und zum Teil großen Schwankungen unterliegen.

Nehmen wir einmal das Gefühl der “Freude”. Es gibt Tage, da können wir uns über alles mögliche freuen, selbst über noch so kleine Dinge. Und an anderen Tagen können die selben Dinge bei uns nicht einmal ein kleines Lächeln hervor rufen. Gerade wenn unsere Stimmung sowieso schon schlecht oder depressiv ist, wenn Ängste uns betrüben oder Unsicherheiten, dann empfinden wir Gefühle oftmals ganz anders als “in guten Zeiten”.

Etwas ähnliches passiert auch mit dem Gefühl, “sauber” zu sein. Ob ich meine eigenen Hände, den Körper, die Arbeitsplatte in der Küche, Teller, fremde Menschen usw. usw. “sauber” empfinde, hängt sehr stark von meiner eigenen Grundstimmung, meinen Gedanken und Bewertungen und letztendlich meiner ganzen Lebenssituation ab. So kennen es sehr viele Menschen mit Waschzwängen, dass sie sich noch gut erinnern können, wie es “damals” war, vor den Waschzwängen, wie schnell und unkompliziert dieses Gefühl erreicht werden konnte. Als noch ein kurzes Abspülen der Hände mit kaltem Wasser gereicht hat, und schon war dies gute Gefühl da.

Im Verlauf der Zwänge aber, mit zunehmenden Unsicherheiten, Ängsten, Grübeleien und Sorgen, verändert sich auch dieses Gefühl. Und ähnlich wie ein depressiver Mensch nur wenig Freude erlebt - und diese auch nicht einfach auf Knopfdruck herbei zaubern kann - so kann auch ein Mensch mit Waschzwängen oftmals nur sehr schwer oder erst nach ausgiebigen Ritualen dieses Gefühl der Sauberkeit verspüren.

Dieses Phänomen kann die Betroffenen aber in einen anstrengenden, mitunter sogar gefährlichen, Kreislauf führen: Ich bemühe mich um Sauberkeit, tue schon alles, das in meiner Macht steht, um dieses Gefühl zu erreichen - und trotzdem fühle ich mich immer noch deutlich unreiner als früher. Also versuche ich natürlich mit noch mehr Druck, mit noch längerem Reinigen und mit noch mehr Ritualen dieses Gefühl zu erreichen - was mich dann aber noch mehr verunsichert, enttäuscht und frustriert, so dass es letztendlich immer schwieriger wird, das saubere Gefühl zu verspüren.

Gleichzeitig wächst auf der anderen Seite ein anderes Gefühl, das Gefühl nicht ausreichend für mich oder die anderen zu sorgen - verbunden mit Gedanken wie z.B. dass ich oder die anderen durch mein Versagen (meine Unachtsamkeit, meine mangelnde Hygiene, meine Leichtfertigkeit...) verschmutzt und vielleicht sogar gefährdet werden könnten. Auch dadurch wird der Druck nach noch mehr Reinigung und noch mehr Hygiene dann immer größer.

Waschzwang: Folgen

Der Waschzwang kann je nach Ausprägungsgrad zu sehr unterschiedlichen Folgen führen. Während ein leichter Waschzwang von den Betroffenen eventuell als lästig erlebt wird, ohne dass er zu größeren Problemen führt, kann ein schwer ausgeprägter Waschzwang sowohl zu körperlichen wie auch zu seelischen und sozialen Problemen führen.

Körperliche Folgen

Die meisten Betroffenen entwickeln im Verlauf des Waschzwangs ausgeprägte Hautprobleme, insbesondere an den Händen, da die Haut durch das häufige Waschen zunehmend trockener und rissig wird. Dies kann dazu führen, dass sich lokal Entzündungen ausbilden - wodurch bei den Betroffenen dann aber oftmals der Drang zum Reinigen noch verstärkt wird.

Seelische Folgen

Der Waschzwang führt - ähnlich wie andere Zwänge - höchstens kurzfristig zu einem Gefühl der Entlastung. Im Verlauf entwickeln die meisten Erkrankten zunehmend Gefühle der Anspannung und Hilflosigkeit. Da das Waschen im Verlauf zumeist in immer komplexeren Ritualen durchgeführt werden muss, erleben sich viele Betroffene zunehmend ihrem Zwang ausgeliefert. Diese Gefühle der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins führen nicht selten zum Auftreten von Stimmungstiefs und Depressionen.

Soziale Folgen

Ein Waschzwang fordert von den Betroffenen ein hohes Maß an Zeit und Energie. Dies kann zu nicht unerheblichen sozialen Folgen führen, denn viele Betroffene bemerken im Verlauf der Erkrankung, dass ihnen durch die komplexen Zwangsrituale nicht mehr ausreichend Zeit für die Ausübung von alltäglichen Dingen bleibt. So kann zum Beispiel das Verlassen der Wohnung mit einem so komplizierten Waschritual verbunden sein, dass sich ein Betroffener schließlich entschließt, die Wohnung lieber gar nicht mehr zu verlassen, um sich nicht dem Waschritual hingegeben zu müssen. Dies kann zu zunehmenden Einschränkungen im Beruf und zu einem immer größeren sozialen Rückzug führen. Der soziale Rückzug wird dabei oft noch dadurch verstärkt, dass viele Erkrankte ihre Waschzwang selbst als “peinlich” empfinden und sie ihn vor anderen Menschen “verstecken” wollen.

Waschzwang: Häufiges Händewaschen und trockene Hände

Viele Betroffene kennen das Problem, dass der Waschzwang bei Ihnen zu ausgeprägten Hautbeschwerden mit sehr trockenen Händen führt.

Als Übergangslösung, bis die Therapie der Zwänge ausreichend wirkt, sollten deswegen zum Schutz der Haut nach Möglichkeit hautfreundlichen Flüssigseifen mit Angaben wie “pH-hautneutral” oder “pH 5,5” benutzt werden.

Zusätzlich sollten die Hände mit einer feuchtigkeitsspendenden Creme gepflegt werden. Lassen Sie sich diesbezüglich am besten in Ihrer Apotheke beraten. Geeignet sind zum Beispiel Naturprodukte, die Olivenöl oder Nachtkerzenöl enthalten.

Bei besonders rissiger und entzündeter Haut werden häufig Salben eingesetzt, die zusätzlich zu den fettenden Substanzen auch Harnstoff (Urea) enthalten.

Falls die Behandlung mit einer Salbe bzw. Creme nicht ausreicht, können Sie Ihre Hände auch täglich für mehrere Minuten in einem Ölbad pflegen. Geeignet sind zum Beispiel ein Esslöffel Olivenöl, Mandelöl oder Jojobaöl, die in eine Schüssel mit handwarmen Wasser gegeben werden.

Waschzwang bei Kindern

Waschzwang bei Kindern

Gerade bei betroffenen Kindern stellt sich den Eltern oft die Frage: “Ist das häufige Waschen bei meinem Kind noch ‘normal’ oder liegt schon ein Waschzwang vor?”

Da jedes Kind eine ganz eigene Persönlichkeit ist, kann man diese Frage nicht mit einer “Standardantwort” beantworten.

Es gibt aber einige wichtige Hinweise, auf welche die betroffenen Eltern achten können:

Für einen Waschzwang spricht zum Beispiel,

Falls Sie diese oder andere Anzeichen bei Ihrem Kind bemerken und sie sich Sorgen machen, ob ein Waschzwang besteht, sollten Sie sich auf jeden Fall von einem erfahrenen Arzt oder Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten beraten lassen.

Richtig Händewaschen - aber wie?

Wie schon erwähnt haben sehr viele Menschen mit einem Waschzwang die große Sorge, dass sie selber oder Andere durch bestimmte Verschmutzungen, z.B. durch Krankheits­erreger, krank werden bzw. einen schlimmen gesundheitlichen Schaden nehmen könnten. Auch die aktuelle Diskussion um das “neue” Coronavirus ist natürlich leider sehr dazu geeignet, die Betroffenen weiter zu verunsichern.

Sehr schnell entsteht dann der Druck, mich selber und mein Umfeld immer wieder und immer mehr reinigen zu müssen - obwohl mir doch andererseits eigentlich auch klar ist, dass zum Beispiel ein zu viel an Reinigungsmitteln und Händewaschen meiner Gesundheit eher schadet. Doch gerade dieser Bezug zu dem “normalen” Maß, dass ich vielleicht von früher noch kenne, geht mit zunehmender Dauer der Reinigungs- und Waschzwänge immer mehr verloren. Übrigt bleibt dann die Sorge, dass ich vielleicht “zuwenig” gemacht haben könnte - und im Zweifelsfall putze oder wasche ich dann noch mehrmals nach.

Da gerade dieses “Normale” bei der Hygiene für Menschen mit einem Reinigungszwang nur noch sehr schwer einzuschätzen ist, kann es hilfreich sein, mich diesbezüglich an klare Regeln zu halten. Nun kommt dabei gleich das nächste Problem, dann wenn Sie in ihrem Bekanntenkreis zehn Menschen nach den besten Hygiene-Regeln befragen, erhalten sie schnell zwanzig verschiedene Antworten.

Deswegen empfehlen wir unseren Patientinnen und Patienten, sich diesbezüglich an fachlich wirklich kompetente Quellen zu halten, wie zum Beispiel an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Auf deren Internetseite finden Sie alles Wissenswerte zum Thema Hygiene und Infektionsschutz (Weiterlesen: BZgA: Hygienetipps) und sogar detaillierte Anweisungen zum richtigen Händewaschen (Weiterlesen: BZgA: Händewaschen). Und jetzt gleich ein Spoiler vorweg: Auch der BZgA mit ihren doch eher strengen und gewissenhaften Vorgaben “reichen” 20 bis 30 Sekunden Händewaschen. Alles, was länger als eine halbe Minute dauert, dürfen wir also doch dem Zwang zuschreiben und letztendlich - auch wenn es zunächst schwer fällt - als überflüssig ansehen.

Waschzwang durch “Corona”?

Die in Folge der Corona-Vorsorge eingeleiteten Maßnahmen haben sich auf viele Menschen verunsichernd und angstauslösend ausgewirkt. Insbesondere die zum Teil sehr rigiden Vorgaben zu den vorgeschlagenen oder vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen haben dabei sehr oft auch den Übergang in einen Waschzwang bewirkt.

Wasche ich mich noch “normal” oder ist das schon ein Waschzwang?

Wie oben bereits erwähnt, gibt es bestimmte Empfehlungen zur Hygiene, die einem selbst und anderen zum Schutz vor Ansteckungen dienen sollen. Der Unterschied zu einem Waschzwang ist, dass beim Waschzwang nicht mehr die Hygiene, sondern die große Sorge, sich selbst oder andere Menschen zu schädigen, im Vordergrund steht.

Bezüglich der Corona-Schutmaßnahmen heißt dies zum Beispiel, dass das oben beschriebene regelmäßige, 20-sekündige Händewaschen nach dem Kontakt zu vielleicht verschmutzten Oberflächen hilfreich sein kann, dass aber andererseits das andauernde Reinigen und Desinfizieren nach einem vermeintlichen Kontakt aufgrund einer befürchteten Bedrohung ein Waschzwang ist.

Die Unterscheidung zwischen sinnvollen Hygienemaßnahmen und Zwangshandlungen fällt dabei vielen Menschen sehr schwer, wodurch wiederum die Verunsicherung bei den Betroffenen weiter verstärkt wird.

Kann ich verhindern, dass ich “nach Corona” einen Waschzwang habe?

Die Überlegung, wie man “nach Corona” einen Waschzwang verhindern kann, hat zur Zeit eine große Bedeutung - denn das Risiko, aufgrund der großen Verunsicherung durch die vorgeschriebenen “Corona-Maßnahmen” einen Waschzwang zu entwickeln, ist leider deutlich erhöht.

Wie oben bereits erwähnt, ist eine zentrale Eigenschaft eines Waschzwangs, dass es bei den Reinigungs­handlungen nicht mehr vorrangig um die Hygiene geht, sondern um die große Sorge, sich selbst oder (sehr viel häufiger noch) andere Menschen durch vermeintliches Unterlassen zu schädigen.

Aus diesen Gründen heraus ist es sehr wichtig, sich selbst immer wieder kritisch zu hinterfragen, ob noch die Hygiene oder eher die Ängste und Sorgen im Vordergrund der eigenen Handlungen stehen.

Die Grenze zwischen “sinnvollen” Maßnahmen und Waschzwängen ist dabei wie so oft fließend. Wenn aber Ängste und Unsicherheiten im Vodergrund der Handlungsmaxime stehen, ist der Zwang sehr nah. In diesem Fall ist weniger die Steigerung der (Zwangs-)Handlungen, sondern vielmehr die Verbesserung des eigenen Sicherheits­erlebens das vorrangige Ziel.

Waschzwang: Therapie

Die Therapie des Waschzwangs besteht - wie auch bei den anderen Zwangserkrankungen - in den meisten Fällen vorrangig aus einer psychotherapeutischen Behandlung, zumeist im Rahmen einer so genannten Verhaltenstherapie.

Psychotherapie

Verhaltenstherapie

Die Verhaltenstherapie hat sich in der Behandlung des Waschzwangs als hilfreich erwiesen. In der Therapie erfolgt zunächst eine Information der Betroffenen über Zwänge und Zwangshandlungen. Häufig wird es von den Betroffenen bereits als hilfreich empfunden, zu erfahren, dass ihre Symptomatik einen Namen hat und dass es viele andere Betroffene gibt - denn viele Erkrankte haben zunächst das Gefühl “verrückt” zu werden.

Die Therapeuten erarbeiten dann gemeinsam mit den Betroffenen, was ihre Zwänge ausgelöst hat und was sie aufrecht erhält. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass bei vielen Betroffenen nicht die “eigene Verschmutzung” der wichtigste angstauslösende Faktor ist, sondern die Sorge, anderen Menschen durch die Übertragung von angenommenen eigenen Verschmutzungen eine Krankheit oder einen anderen Schaden zuzufügen.

Im Anschluss daran erfolgt im Rahmen der Verhaltenstherapie zumeist die Phase der so genannten Expositionstherapie, auch Expositionstraining genannt, in welcher die Betroffenen unter Anleitung der Therapeuten lernen, sich bewusst den zwangsauslösenden Situationen zu stellen, ohne die Zwangshandlungen durchzuführen. In der Expositionstherapie machen die Betroffenen die Erfahrung, dass die Anspannung bei Unterlassen der Zwangshandlung nicht ins “Unendliche” ansteigt, sondern nach einiger Zeit abfällt. Nach einer erfolgreichen Exposition kann die zwangsauslösende Situation beim nächsten Mal meistens schon mit deutlich geringerer Anspannung aufgesucht werden als zuvor.

Psychodynamische Psychotherapie

Belastende Lebenserfahrungen und bewusste oder unbewusste innere Konflikte können - neben anderen Erkrankungen - auch zum Auftreten von Waschzwängen führen. Im Rahmen der Psychodynamischen Psychotherapie wird versucht, diese Ursachen der Zwänge zu ergründen und dem Betroffenen dadurch einen Weg aus den Zwängen zu ermöglichen.

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   • Zwänge: Psychotherapie

Medikamente

Falls der Waschzwang sehr stark ausgeprägt ist, können neben der Psychotherapie eventuell auch zusätzlich bestimmte Medikamente zum Einsatz kommen, zum Beispiel die so genannten Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI).

Therapie des Waschzwangs
Tab.1: Therapie des Waschzwangs

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   • Zwänge: Medikamente

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